Warum gibt es keinen Therapieplatz für Psychotherapie, wenn ich dringend einen brauche?

Die Psychotherapie ist seit 1999 Teil der kassenärztlichen Versorgung und somit eine Leistung, die von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt wird. Das ist gut für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Deutschland hat hierbei eine Vorreiterrolle.

In der kassenärztlichen Versorgung besteht jedoch eine Bedarfsplanung, die festlegt, wie viele Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen in einem bestimmten Gebiet nötig sind, um den Behandlungsbedarf zu decken. Da bereits 1999 ein hoher Finanzdruck in der ambulanten medizinischen Versorgung bestand, wurde der Bedarf an Psychotherapie nicht wissenschaftlich ermittelt, sondern es wurde einfach gesagt, dass die damals vorhandenen Psychotherapeuten den aktuellen Behandlungsbedarf decken können. In den letzten 20 Jahren gab es zwar leichte Steigerungen in der Bedarfsplanung, diese reichen aber faktisch nicht aus. Eine Berechnung nach dem realen Bedarf in der Bevölkerung fand nicht statt. Dadurch wird eine Mangelversorgung festgeschrieben, die dazu führt, dass es zu wenig zugelassene Psychotherapeut*innen gibt, was für die Patient*innen zu langen Wartezeiten in den Praxen führt. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung geht davon aus, dass sich der Bedarf an Psychotherapie in den nächsten Jahren sogar noch um 25 % steigern wird. Der immer höhere psychische Druck und die Verunsicherung in der Gesellschaft sind Stressoren, die das Risiko, psychisch zu erkranken, zusätzlich erhöhen.

Viele behandlungsbedürftige Patientinnen und Patienten werden in der Folge zu spät oder gar nicht behandelt. Dabei gibt es viele ausgebildete Psychotherapeut*innen, die sich gerne an der Versorgung beteiligen würden. Jeder Euro, der für Psychotherapie ausgegeben wird, ist außerdem auch volkswirtschaftlich gut investiertes Geld.

Die Verantwortlichen für diese Misere werden nicht müde, immer wieder die gleichen Dinge zu behaupten, um den Mangel den Psychotherapeut*innen selbst in die Schuhe zu schieben. Die Psychotherapeut*innen würden nur die „leicht Erkrankten“ behandeln und es bräuchte eine bessere Auswahl unter den Patient*innen, dann würden auch die vorhandenen Therapieplätze reichen. Auch wird behauptet, die Psychotherapeut*innen würden einfach zu wenig arbeiten. Beides ist erwiesenermaßen falsch.

Die Psychotherapeut*innen haben geliefert und in den letzten Jahren eine Reform der ambulanten Psychotherapie auf den Weg gebracht, die eine weitere Optimierung der Behandlung ermöglicht. Für weitere sinnvolle Konzepte sind wir offen. Aber am Ende können die besten Reformen nichts daran ändern, dass grundsätzlich zu wenig Psychotherapeut*innen zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen sind.

Wir fordern daher eine neue Bedarfsplanung, die dem aktuellen und zukünftigen Behandlungsbedarf gerecht wird!

Und welche Probleme sind in der psychotherapeutischen Versorgung in Zukunft noch zu erwarten?

Der Psychotherapie droht zudem ein massiver Fachkräftemangel. Warum?

Bisher mussten Psychotherapeut*innen die Psychotherapieausbildung nach dem Studium selber bezahlen. Das konnte dann schonmal einen Mittelklassewagen kosten. Wegen der hohen Begeisterung für die Psychotherapie haben das jedoch viele Psychotherapeut*innen in Kauf genommen, auch wenn sie nach der Ausbildung die mit Abstand am schlechtesten bezahlte Fachrichtung innerhalb der kassenärztlichen Versorgung sind.

Das PsychotherapeutenAusbildungsReformGesetz hat nun für zukünftige Psychotherapeut*innen eine, den anderen akademischen Heilberufen wie z. B. den Ärtz*innen vergleichbare, Aus- und Weiterbildungsstruktur geschaffen, in der ein Gehalt nach Tarif gezahlt werden soll. Endlich soll hier die jahrelange Benachteiligung beendet werden. Der Gesetzgeber hat jedoch „vergessen“, die Finanzierung der Weiterbildung zu regeln. Wenn sich das nicht sehr bald klärt, können die Psychotherapeut*innen in Weiterbildung nicht in den Praxen arbeiten und ihre Weiterbildung absolvieren, weil kein Praxisinhaber sich diese Anstellung leisten kann. 

Wir fordern daher eine sofortige gesetzliche Regelung zur Finanzierung der Weiterbildung von Psychotherapeut*innen!